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Dr. Constanze Neuendorf-Müller bei ihrem Vortrag im Gartensaal
des Schlösschens im Hofgarten -- Foto: Elmar Kellner |
Der frühere Bundespräsident Roman Herzog sagte einmal über sie: »Heute weiß kein Mensch mehr, wer sie ist. Sie war einige Jahre mit dem Schriftsteller Ludwig Thoma verheiratet, (...) nicht mit großem Erfolg.« Den Wertheimer Kunstfreunden müsste zumindest ihr Bildnis vertraut sein, hängt doch das von Max Slevogt 1904 gemalte Porträt als wichtiger Bestandteil der Sammlung von Wolfgang Schuller seit Jahren im Museum Schlösschen im Hofgarten. Am Sonntagnachmittag war die Dame mit dem gelben Schal vorübergehend in den Gartensaal »umgezogen«, wo Kunsthistorikerin Dr. Constanze Neuendorf-Müller sie, ihr Leben, ihr Umfeld und ihre Zeit in Wort und Bild näher vorstellte.
Der Vortrag war sozusagen der Auftakt des letzten Monats, in dem die Sonderausstellung »Max Slevogt (1868–1932) – ein deutscher Impressionist zu Gast im Hofgartenschlösschen« hier noch zu sehen ist.
»Max Slevogt, Ludwig Thoma und die Tänzerin Marietta« hatte Frau Neuendorf-Müller ihre Ausführungen überschrieben, deren Ausgangspunkt eben jenes Porträtbild mit dem Titel »Die Tänzerin Marietta di Rigardo« war. »Genauso exotisch und geheimnisvoll wie ihr Name, war auch das Leben dieser Marietta, die uns im Folgenden, weit weniger exotisch, auch unter den Namen Maria und Marion begegnen wird«, sagte die Referentin.
Doch ehe sie sich der Hauptfigur der Veranstaltung näher zuwandte, ging sie zunächst darauf ein, wie Slevogt um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert von München nach Berlin kam und wie er sich, schon bevor er die Tänzerin verewigte, mehrfach künstlerisch mit der Welt des Theaters und des Varietés auseinandersetzte.
Marietta di Rigardo habe er wohl 1904 erstmals tanzen gesehen. Geboren war sie 1880 in Manila unter dem Namen Maria Trinidad de la Rosa. Um die Eltern gibt es manche Verwirrung. »Nach manchen Quellen war sie die Tochter eines Schweizer Portiers oder gar eines Generalkonsuls, und die Mutter soll eine Inderin gewesen sein. Andere Versionen besagen, der Vater sei im Exporthandel tätig gewesen und die Mutter in Manila geboren, aber eine Spanierin.«
Zur Tänzerin ausgebildet wurde Maria in der Schweiz, wo sie schließlich bei ihrem Vater lebte und den Familiennamen Germann annahm. Mit der Heirat mit dem Berliner Schriftsteller und Komponisten Georg David Schulz wurde aus Maria Trinidad de la Rosa beziehungsweise Maria Germann dann Maria Schulz, die in dem von ihrem Ehemann geleiteten Kabarett »Zum Siebenten Himmel« als Tänzerin unter dem Künstlernamen Marietta di Rigardo auftrat und, so Constanze Neuendorf-Müller, große Erfolge feierte. »Hier traf sie auch Max Slevogt, der von ihr so beeindruckt war, dass er gleich mehrere Bilder von ihr schuf.« Slevogt selbst habe von acht Öl-Skizzen gesprochen, bekannt seien sieben Skizzen und ein Gemälde sowie eine Radierung, die aber nur als »Tänzerin« bezeichnet werde.
In ihrer Vorstellung der verschiedenen Werke ging die Referentin vor allem auf jenes ausgeführte Gemälde ein, das in der Dresdner Galerie der Neuen Meister zu bewundern ist. »Gemeinsam ist den genannten Arbeiten von Slevogt, dass sie die Tänzerin bei der Aufführung zeigen. (...) Allein unser Bild aus der Sammlung Schuller ist ein reines Porträt, das nicht in der Art der Slevogtschen Rollenstudien erscheint. (...) Dennoch ist eine zeitliche Nähe der verschiedenen Marietta-Bilder zu erkennen, trägt sie doch auf allen Bildern das blaue schulterfreie Kleid und den gelben Schal.«
Mit Marietta habe der Maler seinen Durchbruch feiern können. »Und offenbar war seine Bewunderung für die Tänzerin sehr groß, hatte er ihr doch einen wertvollen gelben Seidenschal geschenkt, eben den auf den Bildern, der beim Tanzen ihre Bewegungen unterstrich. Sie soll ihn noch bis zu ihrem Tod besessen haben.«
ek -- (Aus: Fränkische Nachrichten)