Dienstag, 29. Januar 2013

Es glänzt nicht mehr

An die Kenner unseres Schlösschens in der Vergangenheit, also eher an ältere Einheimische, richtet sich heute eine Frage zum ursprünglichen Äußeren der Front. Das Tympanon über der linken Eingangstür an der Frontseite wurde aus dem roten Buntsandstein der Wertheimer Umgebung gefertigt.


Das Tympanon über der Eingangstüre des Schlösschens erinnert an den
Erbauer, Graf Friederich Ludwig, der den Rokokobau 1777 errichten ließ.
Foto: Friedrich Lehmkühler
So, wie das Tympanon sich nach der Restaurierung vor gut zehn Jahren präsentiert, haben es wohl die meisten in Erinnerung, die das Gebäude auch schon vorher kannten. Nun hat sich jedoch in einem Fotoalbum aus dem Nachlass des baltendeutschen Dichters Achim v. Åkerman (1909-1945) eine Aufnahme aus dem Juli 1942 gefunden, die — obschon unscharf — die Vermutung nahelegt, die Buchstaben seien damals noch vergoldet gewesen.

Achim v. Åkerman beim Verlassen des Schlösschens im Juli 1942.
Foto: Ruth v. Åkerman
Das Museum Schlösschen im Hofgarten ist sehr daran interessiert, ältere Belege für eine Vergoldung der Inschrift zu bekommen, sei es durch Bilddokumente oder durch andere Zeugnisse. Wer zu dem Thema etwas beitragen kann, wird gebeten, sich unter schloesschen@gmx.eu zu melden.

Freitag, 25. Januar 2013

Doppelstart ins neue Jahr

Die neue Saison in unserem Museum hat noch nicht begonnen, wohl aber vielfältige Vorbereitungsarbeiten im Hintergrund, von denen die wenigsten öffentlich wahrnehmbar sind. Zwei Dinge aber sind für alle sichtbar: Gestern hat der städtische Bauhof im Auftrag von Stiftung und Förderkreis damit begonnen, im Zuge einer Landschaftspflegemaßnahme die Büsche entlang des Mainufers unterhalb des Schlösschens auf den Stock zu setzen, und heute startet mitten in der Winterpause unser neues Blog »Museum Schlösschen im Hofgarten«. Da liegt es nahe, dass sich der erste Beitrag mit der Pflegemaßnahme beschäftigt.

Mit dem Zurücksetzen des Uferbewuchses auf den Stock  zwischen Ruderhaus und Parkplatz des Schlösschens wird ein alter Zustand wiederhergestellt. Nach jahrzehntelangem Wildwuchs auf dem Uferstreifen, der der Bundesrepublik Deutschland gehört, waren im Vorfeld die Abstimmung mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt Aschaffenburg und mit der Naturschutzbehörde erforderlich, die ihre Zustimmung gaben.

Drei Mitglieder des Vorstands des Förderkreises Schlösschen im Hofgarten
überzeugten sich am Freitag vom Fortgang der Pflegearbeiten am Mainufer
(von links): Dr. Jörg Paczkowski, Heiko Albrecht und Friedrich Lehmkühler. 
Foto: Elmar Kellner
Für Museumsdirektor Dr. Jörg Paczkowski steht fest, dass der Main als Wasserfläche von Anfang an zum Konzept des englischen Landschaftsparks zu Anfang des 19. Jahrhunderts gehörte. Der Übergang des Parks in die ihn umgebende Natur ist idealerweise fließend, und mindestens eine Wasserfläche ist immer dabei.

Fürst Georg zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg (1775­­­­­­­–1855), der 1816 Fürst wurde und aus der barocken Anlage einen englischen Garten machte, schrieb 1847 über das Schlösschen:

Der Salon im ersten Stock gewährt eine reizende Aussicht auf den Main, die Stadt und die Burg. Fluss und Landstraße bieten hier in der schönen Jahreszeit fast zu jeder Stunde des Tages das Bild des lebendigsten Verkehrs dar; auf jenem ziehen Dampfboote und große stromaufwärts von Pferden gezogene Segelschiffe vor unseren Augen vorüber; auf dieser bezeugen Eilwägen und Omnibus, dass Wertheim nach langer Isolierung endlich auch im Genuss von Communicationsmitteln ist, die es so lange zu seinem Nachteil schmerzlich entbehrte.

Segelschiffe wird man heute vom Salon aus nicht mehr sehen, dafür neben den vielen Frachtschiffen auch Ausflugsdampfer und Hotelschiffe. Und die, die auf dem Fluss reisen, werden künftig auch wieder das Schlösschen sehen können ­­­­– so, wie es bis in die 1940er Jahre immer der Fall war. (Lk)

So fotografierte die Schwester des Dichters Achim v. ­­­­Åkerman, Ruth v. ­­­­Åkerman,
im Juli 1942 das Schlösschen vom bayerischen Ufer aus, als sie gemeinsam mit
ihrem Bruder dessen Freund, Edgar Baron Heyking, im Hofgarten besuchte.

Dienstag, 15. Januar 2013

Energetischer Museumsdirektor

Ein Nachtrag zur Wertheimer Ausstellung der Secessions-Künstlerinnen: Nikolaus Bernau hat in der Berliner Zeitung schon am 6. Januar die letztjährige Wertheimer Ausstellung von Künstlerinnen der Berliner Secession, die (teilweise) noch bis März in der Liebermann-Villa am Wannsee zu sehen ist, unter dem Titel Der Märchen-Schrecken besprochen: Hier kann man den ganzen Artikel lesen.

Museumsdirektor Dr. Jörg Paczkowski wird, wenn er den Artikel schon gelesen haben sollte, eine Passage ganz besonders wie warmes Maschinenöl heruntergelaufen sein:

Auch jetzt brauchte es das kleine Museum-Schlösschen im Hofgarten in Wertheim am Main und dessen energetischen Direktor Jörg Paczkowski sowie die Kieler Kunsthistorikerin Ulrike Wolff-Thomsen, um diese Ausstellung entstehen zu lassen. Ziemlich peinlich etwa für die Berliner Nationalgalerie – zumal das Pariser Centre Pompidou schon vor einigen Jahren vorgemacht hat, wie man die gesamte Kunstgeschichte der Moderne ohne Qualitätsabstriche auch mit Werken fast nur von Künstlerinnen zeigen kann. Leider wurde nicht die gesamte Wertheimer Ausstellung nach Berlin übernommen. 

Die Werke von Julie Wolfthorn, die in Theresienstadt starb und schon deswegen in der Liebermann-Villa hätte gezeigt werden müssen, die Kunst von Ernestine Schultze-Naumburg, die als Ernestina Orlandini bekannt wurde, sowie die Werke von Maria Slavona und Hedwig Weiss fehlen. Platz wäre da gewesen, doch die Liebermann-Villa hat es nicht gewagt, auch das mit Gemälden des großen Max Liebermann belegte Atelier und den Vorraum freizugeben. Dabei erscheinen dessen Garten- oder Familienbilder neben der Farbgewalt der „Weinernte“ von Dora Hitz wie virtuose Gesellschaftskunst.

Verdient hat Jörg Paczkowski dieses Lob längst und allemal, Prof. Ulrike Wolff-Thomsen sicher  ebenso, die in Wertheim einen ganz starken Eindruck hinterlassen hat. Und für unser Schlösschen im Hofgarten gäbe es sicher auch schlechtere »Reklame« aus der Hauptstadt — Grund genug hoffentlich für viele, sich die nächsten Ausstellungen in Wertheim nicht entgehen zu lassen.