Sonntag, 17. November 2019

Künstlerkonflikt auf Messers Schneide

Kunsthistoriker Dr. Lehmann referierte
„Wie aus zwei Freunden Gegner wurden“, so könnte man den Vortrag von Herrn Dr. Benno K. Lehmann vom vergangenen Sonntag ebenfalls titulieren. Der Mannheimer Kunsthistoriker legte in seinen Ausführungen den Fokus auf den Konflikt zwischen Anton von Werner und Eugen Bracht.

Der 1843 in Frankfurt (Oder) geborene Maler Anton von Werner schloss sein Studium an der Karlsruher Kunstakademie ab. Seine Porträts erregten die Aufmerksamkeit des Kaisers, des Kronprinzen, Moltkes und auch Bismarcks. Werner selbst ließ sich alsbald in Berlin nieder und wurde einer der einflussreichsten Maler unter dem Kaiser, dessen Protektion er genoss. Berühmt wegen seiner offenen Angriffe auf die moderne Kunst und wegen der „ebenso ungeschminkten Kritik an den Studenten selbst“, hatten seine effektvoll-inszenierten Gemälde u.a. Staatsereignisse und Hoffeierlichkeiten zum Bildgegenstand.  

Zunächst ein enger Freund Anton von Werners, wurde Eugen Bracht von diesem gefördert. Als Werner 1892 eine Ausstellung mit Gemälden von Edvard Munch in Berlin schließen ließ, kam es zum Bruch. Wie Liebermann und Skarbina (beide mit Werken im Hofgartenschlösschen vertreten), so unterschrieb auch Bracht einen Aufruf, der die „Schließung der Ausstellung, als eine dem üblichen Anstand zuwiderlaufende Maßnahme“ deklarierte.
Zudem wurde das Verhältnis beider Maler durch Brachts künstlerisches Verständnis und dessen bedingter Hinwendung zum Impressionismus immer problematischer. Das Zerwürfnis gipfelte als Bracht eine Professur nicht erhielt.
Referent Dr. Benno K. Lehmann gab in seinem einstündigen Vortrag Einblick in einen politischen Kunstkrimi Berlins.


Montag, 4. November 2019

Kunstreise nach Oberbayern ein voller Erfolg

Mitglieder der Volkshochschule Wertheim und des Förderkreises „Schlösschen im Hofgarten“ fuhren im Rahmen des Kunstgeschichtsseminars unter Leitung von Dr. Jörg Paczkowski nach Oberbayern. Schwerpunkt der Exkursion war die Umgebung rund um den Markt Murnau am Staffelsee. Neben dem Kennenlernen der außergewöhnlichen Architektur dieser Gegend war der Besuch von drei Museen, die in gewisser Weise einen Bezug zur Sammlung des Hofgartenschlösschens haben, Ziel der Fahrt.

„Museum der Phantasie“ in Bernried am Starnberger See
Das Spektrum der Besichtigungen reichte von der einzigen komplett erhaltenen romanischen Kirche Oberbayerns  in Altenstadt über die gotische Kirche des ehemaligen Klosters Rottenbuch, die im 18. Jahrhundert barockisiert worden war, bis zu dem bedeutenden, heute noch vollständig erhaltenen Kloster Benediktbeuern. In dieser Anlage beeindruckte besonders der sogenannte „Alte Festsaal“, der mit seinen zahlreichen Deckengemälden die große Bedeutung des christlichen Glaubens thematisiert.

Auch das legendäre Kloster Wessobrunn war Station der Fahrt. Der Sage nach eine Gründung des Herzogs Tassilo, war das Kloster Ursprung einer der bedeutendsten Stuckatorenschulen Deutschlands, die u.a. bis nach St. Petersburg ausstrahlte. Höhepunkt der Exkursion war der Besuch der faszinierenden Rokokokirche „Die Wies“, deren Gestaltung und Architektur fragen lässt, wie dieses filigrane Bauwerk statisch überhaupt entstehen konnte. Das aufwändige Bildprogramm um das Gnadenbild „Zum gegeißelten Heiland auf der Wies“ betont die Herrlichkeit Gottes in der Zuversicht, dass Christus die Welt heimholen wird. Die Lichtführung in der Kirche beeindruckte besonders: durch das wandernde und kreisende Licht wird die Sonne als Bauelement gleichsam in die Architektur einbezogen.

Blick auf die Stadtsilhouette Murnaus
Besichtigt wurde während der viertätigen Exkursion darüber hinaus die Gemeinde Murnau mit ihrer ungewöhnlichen Stadtkirche. Sie wurde unter dem Einfluss eines Verwandten von August Moosbrugger (dieser war u.a. Erbauer der Venantiuskirche in Wertheim) im 18. Jahrhundert errichtet.  Von dem Wohnhaus der Malerin Gabriele Münter war die Ansicht der Stadt mit Kirchturm und Schloss besonders eindrücklich zu bestaunen.

Immer wieder weilten die expressiven Künstler um Gabriele Münter, Wassily Kandinsky, Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin Anfang des 20. Jahrhunderts in Murnau. Sie hielten die dortige Landschaft auf ihren Bildern fest und fanden den Weg zur klassischen modernen Kunst. Durch das subjektive Empfinden der Maler verdrängte die Farbe allmählich die eigentliche Form. 
Auch im Franz-Marc-Haus in Kochel beschäftigten sich die Teilnehmer intensiv mit der klassischen Moderne und den Bildern um die Künstlervereinigung des „Blauen Reiter“. Bei einer Führung durch die Ausstellungsräume waren Originale von Franz Marc und auch Bilder seiner Zeitgenossen zu sehen, von welchen sich auch Werke im Wertheimer Hofgartenschlösschen befinden.
Deutlich wurde, wie in den Gemeinden Murnau und Kochel die Kunst um diese Maler gegenwärtig ist und, dass ihre Präsentation einen wichtigen Faktor für den Tourismus‘ darstellt.

Das Münter-Haus in Murnau
Abgerundet wurde die Kunstreise durch den Besuch des „Museums der Phantasie“ in Bernried am Starnberger See, das die ungewöhnliche Sammlung von Lothar-Günther Buchheim, beherbergt. Werke der Brücke-Maler Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff und Ernst Ludwig Kirchner (Sammlung Gerlinger) waren dabei ebenso zu bestaunen, wie der Kosmos des „Boot“-Schöpfers Buchheim.
Die Exkursion war der krönende Abschluss des VHS-Seminars „Kunstgeschichte am Beispiel Oberbayerns“ vom vergangenen Winter.

Fotos: Edda Behringer/Jörg Paczkowski

Vortragsreihe zur aktuellen Sonderausstellung


Kunsthistoriker Dr. Benno K. Lehmann (Mannheim) referierte am 13. Oktober über "Eugen Bracht und seinen Kampf mit dem Impressionismus deutscher Prägung". Der einstündige Vortrag bildete den Auftakt zu einer Vortragsreihe, die anlässlich der aktuell gezeigten Sonderausstellung Eugen Bracht (1842 - 1921). Maler der Atmosphäre - sein Werk und seine Schüler veranstaltet wird. 

Gemälde Brachts sind in der aktuellen Ausstellung zu sehen. 
Der eigentliche Impressionismus stammt aus Frankreich. Er beschreibt eine Stilrichtung, die von der flüchtigen Momentaufnahme einer bestimmten Szenerie gekennzeichnet ist. Die Bewegung des Impressionismus' entstand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Licht und die atmosphärischen Bedingungen wurden zur Hauptaufgabe und die Farbe unter dem Einfluss von Licht und Atmosphäre gesehen. So gingen die Künstler zum Teil in die Natur und schufen Werke direkt „sur le motif“. Vertreter dieser Kunstrichtung wie Claude Monet oder Pierre-August Renoir sind bis heute bekannt. 

Um 1900 waren in ganz Europa und in der Welt zahlreiche Künstler vom Impressionismus geprägt. Doch in jedem Laufe der Zeit gingen die Maler auch eigene Wege. So hatte der deutsche Impressionismus durchaus eigene Wurzeln und unterschied sich von dem französischen Impressionismus in vielerlei Hinsicht. 

Der Referent zeichnete am Beispiel der Werke von Eugen Bracht den Weg des deutschen Impressionismus' auf und stellte Brachts Suche nach diesem Stil dar. Der in Morges am Genfer See geborene und in Karlsruhe und Düsseldorf ausgebildete Bracht zählt zu einem der frühen Freilichtmaler in Deutschland.

Foto: Kurt Bauer/Friedrich Lehmkühler