Dienstag, 16. Februar 2016

Max Kruse und die Berliner Secession

Der Kunsthistoriker Dr. Benno K. Lehmann bei seinem Vortrag im
Gartensaal des Schlösschens -- Foto: C. Neuendorf
Der Stammvater der Künstlerfamilie Kruse, der Bildhauer Max Kruse (1854―1942), und die Berliner Secession waren Vortragsthema des Kunsthistorikers Dr. Benno K. Lehmann im Gartensaal des Schlösschens. Die Verbindung Lehmanns zu Wertheim, der Gründungs- und Vorstandsmitglied des Förderkreises Schlösschen im Hofgarten ist, besteht seit der ersten Ausstellung über den Maler Karl Weysser in den 1980er Jahren.

Als Sohn einer Kaufmannsfamilie 1854 in Berlin geboren, hat Kruse in seiner erst mit 74 Jahren verfassten Autobiografie »Ein Lausejunge aus gutem Haus« über seine Jugend berichtet. Kruse studierte zunächst Architektur am Polytechnikum in Stuttgart und nahm dort auch Zeichenunterricht. Dann wechselte er nach Berlin und nahm ein Studium der Bildhauerei auf. Der Bildhauer Reinhold Begas (1831―1911), der für seine neobarocken Skulpturen bekannt war, förderte ihn, war aber für Kruse kein Vorbild.

Stärker beeinflussten ihn seine Lehrer Fritz Scheper (1841―1919) und Albrecht Wolff (1815―1892), die beide sein Talent erkannten. Scheper und Wolff unterstützten ihn auch ab 1879 bei der Ausführung seiner Plastik »Der Siegesbote von Marathon«, die den Läufer kurz vor Überbringung der Nachricht des Sieges über die Perser festhält. Es wurde Kruses erster großer Erfolg, der in zahlreichen Abgüssen Verbreitung fand, und von denen sich Versionen auf dem Dach des Berliner Theaters des Westens, Kruses Wohnhaus Lietzenburg und nun auch eine kleine Bronze in der Sammlung des Schlösschens befinden. Kruse erhielt dafür den Rompreis, mit dem ein Romaufenthalt 1892 verbunden war. Hier studierte Kruse die antiken und klassizistischen Skulpturen. Auch seine erste Frau, Anna Pawel, mit der er vier Kinder haben sollte, lernte er hier kennen. 1895 scheiterte die Ehe. Arbeiten der gemeinsamen Tochter Annemarie sind ebenfalls im Schlösschen ausgestellt.

Der als »brummig und zurückgezogen« geltende Kruse war als Bildhauer erfolgreich, etwa mit der Figurengruppe »Junge Liebe« von 1897. Dennoch spricht aus diesen Figuren keine Leidenschaft, sondern klassizistische Strenge, wie Lehmann im Vergleich zu ähnlichen Motiven bei Auguste Rodin und Camille Claudel zeigen konnte.

1902 kam es zu der Begegnung mit seiner zweiten Frau, der späteren Puppenschöpferin Käthe Kruse. Damals trat sie unter dem Künstlernamen Hedda Somin als Schauspielerin auf, und Max Kruse verliebte sich in die 17-Jährige. Noch im gleichen Jahr kam die Tochter Maria auf die Welt, sieben weitere Kinder folgten.

Ein Aspekt in Lehmanns Vortrag widmete sich neben den biografischen und künstlerischen Einflüssen der Beteiligung bei der Berliner Secession. Lehmann zeigte Beispiele von anderen im Schlösschen vertretenen Künstlern, die der Secession um Max Liebermann angehörten. Diese Künstlergruppe, die seit 1889 gemeinsam in Berlin ausstellte, hatte sich von der akademischen Malerei, wie sie Kaiser Wilhelm II. liebte, losgesagt und machte den deutschen Impressionismus und seine französischen Vorbilder in Deutschland bekannt.

Max Kruse, der die Vorsitzenden der Secession, Max Liebermann und Walter Leistikow, schon lange kannte, trat allerdings erst 1908 in die Künstlergruppe ein. Obwohl er dort Vorstandsmitglied war, sei über ihn in den Aufzeichnungen und Publikationen kaum etwas zu finden, so Lehmann. Neben den jüngeren Bildhauern der Secession, August Gaul, Fritz Klimsch und Louis Tuaillon, spielte Kruse nur eine untergeordnete Rolle. Sein Ruhm in Berlin verblasste. 1910 trat er bereits wieder aus der Künstlervereinigung aus und lebte vorwiegend auf Hiddensee im Familiendomizil Lietzenburg.

Obwohl Kruse sich auch als Erfinder
unter anderem des Rundhorizontes für die Bühne Max Reinhards – und Aquarellist betätigte, blieb ihm die Anerkennung versagt. Er wurde von den zeitgenössischen Strömungen wie Expressionismus und Kubismus überholt und geriet nach seinem Tod 1942 weitgehend in Vergessenheit.

Mit der Ausstellung in Wertheim, die noch bis zum 28. Februar im Hofgartenschlösschen zu sehen ist, könnte sich dies ändern, so Lehmann ― zumal die Werke der Künstlerfamilie Kruse anschließend in Donauwörth und möglicherweise auch in Berlin gezeigt werden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen